Little Shiney Boy, geboren am 13.07.2008
Boy kam im August 2010 als Zweijähriger Norweger-Pinto-Mix zu mir. Da er aufgrund einer massiven Zahnfehlstellung schon beim Schlachter gestanden hat, hatte ich nie Hoffnung etwas über seine Vergangenheit zu erfahren. Im Sommer 2011 erzählte ich einer lieben Kundin von meinem Pferd, von der Zahnfehlstellung, von der besonderen Fellfärbung, dass er wohl ein Weideunfall war und ca. 3 Jahre alt ist. Die Kundin bekam große Augen und meinte, dass sie glaubt Boys Eltern zu kennen. Ich habe es eher als Scherz abgetan, aber sie war völlig überzeugt, besonders als ich ihr erzählte, dass Boy gerne mal durch Zäune geht, weil das neben der Zahnfehlstellung einer der Gründe war, warum die ersten Halter ihn abgegeben haben.
Zwei Wochen später habe ich Boys Mama kennengelernt und seine Geschichte erzählt bekommen:
Seine Mutter, eine kräftige Norweger-Mix-Stute hatte es einem benachbarten Anglo-Araber-Hengst angetan und eines Morgens stand er bei den beiden Stuten auf der Weide. Da der Freisprung die größten Erfolgsaussichten auf eine Trächtigkeit birgt, hat es auch gleich geklappt und ein Jahr später erhielten die Halter einen Anruf, da liegen zwei Fohlen auf der Weide. Boy ist also ein Zwilling, aber wie das bei Pferden leider so ist, überleben selten alle drei. In diesem Fall war es seine Zwillingsschwester, die tot zur Welt kam. Auch sie war ein hübscher Falbschecke, aber mit viel weniger weiß im Fell als ihr Bruder. Das Boy ein Zwilling war, erklärt seine späte Entwicklung und könnte auch der Grund für seine Zahnfehlstellung sein.
Boy konnte erst mit 5 Tagen selbständig auf eigenen Beinen stehen, vorher musste er immer an die Zitzen gestellt und gehalten werden, was sich die Halter und die Nachbarn zeitlich geteilt haben, damit er oft genug trinken konnte. Der Tierarzt wollte ihn direkt liegen lassen und gab ihm wenige Chancen. Ich danke seinen menschlichen Zieheltern, dass sie sich diese Mühe gemacht haben, es hat sich gelohnt – Boy ist ein tolles Pferd geworden, wenn auch mit Handicap und etwas schmächtig, aber für mich meine große Liebe.
Die Halter von Boy waren sehr verwundert über die ständig zerbissenen und wunden Zitzen der Mutter und so wurde dann sein massiver Überbiss festgestellt. Da sich Boy aber nun gut entwickelte und der Tierarzt meinte, da könne man nichts machen, wurde sein Handicap hingenommen.
Als Boy ein paar Wochen alt war, hat er eine massive Fehlstellung der Vorderbeine gezeigt. Mit selbst gebastelten Hufschuhen haben sie auch dieses Problem in den Griff bekommen.
Was den Haltern aber sehr zu schaffen machte, war, dass er ständig ausgebüxt ist. Immer wieder kam ein Anruf, dass Boy irgendwo, aber eben nicht auf der Koppel bei seiner Mutter stand (bei einer Familienaufstellung, die ich gemacht habe, nachdem ich seine Geschichte erfahren habe, kam heraus, dass er auf der Suche nach seiner Schwester war). Da die Sommerkoppel 15 km entfernt lag, mussten die Halter sich ins Auto setzen, um ihn zu suchen und einzufangen. Oft kamen sie an und er stand schon wieder auf der Koppel. Auch eine Erhöhung des Stroms hat Boy nicht davon abgehalten durch den Zaun zu gehen.
Da die Halter zwei Pferde und viele andere Tiere zu versorgen hatten, entschlossen sie sich Boy zu verkaufen. Leider wurde kein Käufer gefunden, so dass sie sich schweren Herzens entschlossen, ihn wegen seiner Probleme zum Schlachter zu geben. Dort stand Boy ca. 2 Monate bis ihn eine junge Frau aus dem Saarland kaufte. Sie ließ ihn direkt kastrieren, damit er seine Zahnfehlstellung nicht noch weitervererbte. Aus finanziellen und zeitlichen Gründen (auch sie hatte noch zwei weitere Pferde) wollte sie Boy im Sommer 2010 verkaufen.
Durch einen Schicksalsschlag wurde mir bewusst wie kurz das Leben sein kann und dass es nun endlich an der Zeit war, mir meinen Lebenstraum vom eigenen Pferd zu erfüllen. Also durchsuchte ich das Internet und fand Boy. Obwohl ich eigentlich auf der Suche nach einem älteren Pferd war, hat mich seine Einzigartigkeit sofort fasziniert. Auch stellte er an mich als Homöopathin die Herausforderung, in wieweit man seine Zahnfehlstellung noch positiv beeinflussen kann. Mit Hilfe meiner sehr geschätzten Kollegin, der Pferdedentistin Sabine Pauly, sind wir inzwischen schon so weit, dass wenigstens seine Mahlzähne aufeinandertreffen, was natürlich für die Futterverwertbarkeit und Bekömmlichkeit sehr wichtig ist.
Nachdem Boy ein halbes Jahr in einer kleinen Stallgemeinschaft stand, mussten wir wegen unterschiedlichen Auffassungen über die Behandlung von Krankheiten den Stall wechseln. Aber schnell war ein neuer Stall gefunden und im nach hinein sind wir beide sehr glücklich über den Stallwechsel. Wir sind angekommen…ich habe für Boy Offenstallhaltung wie ich es mir gewünscht habe, wo er auch im Winter genügend Bewegung hat und Boy hat eine tolle Pferdegemeinschaft gefunden, wo er sich rundum wohlfühlt und sehr ausgeglichen ist, was die Spaziergänge mit ihm sehr erleichtern. Er hat einen „großen Bruder“, den Pinto-Mix Texas an seiner Seite und einen anderen Jungspund, den Kaltblut-Mix Isanto zum Spielen.
Wir genießen die gemeinsamen Spaziergänge sehr und nach einem Kurs in Horsemanship klappt es auch mit der Führerrolle sehr gut, so dass selbst meine 13 jährige Tochter problemlos mit ihm spazieren gehen kann.
Boy kann sowohl den Sturkopf eines Norwegers zum Ausdruck bringen (gerade, wenn es ums Fressen geht), als auch zeigen, dass viel Pep in ihm steckt, was bestimmt auf sein Araber-Blut zurückzuführen ist.
Wegen seiner Spätentwicklung habe ich Boy noch ein halbes Jahr länger Zeit gegeben sich zu entwickeln, die wir für Bodenarbeit und die Gewöhnung an die „unheimlichen Dinge der großen Welt“ genutzt haben. Dadurch haben sich das gegenseitige Vertrauen und die Beziehung zueinander weiter verstärkt.
Jetzt (Frühjahr 2012) beginnen wir mit Muskelaufbautraining (ohne eine gute Rückenmuskulatur sollte kein Pferd ein/geritten werden) und holen uns Unterstützung bei einer guten Osteopathin, damit der Rücken schön hochkommt und es nirgendwo Verspannungen oder Blockaden gibt. Anschließend wollen wir langsam beginnen ihn einzureiten, wobei ich mich sehr glücklich schätzen darf eine ruhige und sehr kompetente Frau an meiner Seite zu haben, die den Hof leitet, auf dem Boy jetzt steht und meinen Kindern Reitunterricht gibt.
Ich freue mich schon sehr, diese gemeinsamen Aufgaben mit Boy zu erleben. Für mich eine Herausforderung, da ich vorher noch nie ein junges Pferd ausgebildet habe. Glücklicherweise gibt es heute sehr gute DVDs, Bücher und Seminare zu diesem Thema…frau lernt nie aus. Trotzdem bin ich froh, erfahrene Menschen an meiner Seite zu haben, die mich darin unterstützen, wenn es mal mit der praktischen Umsetzung doch nicht so klappt.
Vielen lieben Dank an diese Menschen!